Fachgruppe Kunsterziehung
Stellungnahme des bpv zum Fachlehrplan Kunst im neuen LehrplanPLUS auf der Grundlage von Beiträgen der Fachgruppe |
Kunstunterricht im digitalen Zeitalter!
Tagung 2019 der Fachgruppe Kunst in Ingolstadt
Die Jahrestagung 2019 der Fachgruppe Kunst fand in Ingolstadt statt. Sie stand weitgehend im Zeichen des historischen Bauhauses, das heute als die einflussreichste Bildungsstätte im 20. Jahrhundert für Architektur, Kunst, Design und Neue Medien gilt. Grundidee des Bauhauses war, Studieren als forschendes und experimentelles Arbeiten zu verstehen und auf Eigeninitiative und -verantwortung zu setzen – Aspekte, die an ihrer Aktualität nichts eingebüßt haben. Hundert Jahre nach ihrer Gründung in Weimar präsentierte das Ingolstädter Museum für Konkrete Kunst (MKK) die Ausstellung „Gemalte Diagramme. Bauhaus, Kunst und Infografik“. Sie gehörte zum deutschlandweiten Jubiläumsprogramm bauhaus100 und stellte eines der Leuchtturmprojekte in Bayern dar.

Im MKK von links nach rechts: Manfred Leeb, Edith Einwachter-Dorner, Sonja Kanzler, Meinhart Meyer, Helmut Sacha, Sebastian Schnackenburg, Dr. Theres Rohde, Christoph Klement, Christiane Bauer, Markus Freidl, Dr. Harald Knobling, Christian Odato, Peter Gigglberger.
Dr. Theres Rohde, Kuratorin des Museums für Konkrete Kunst und stellvertretende Museumsdirektorin, führte durch die Ausstellung und begleitete die Diskussionsrunde. Aus erster Hand war zu erfahren, was die Idee war, welche neuen Aspekte im Fokus standen und wie letztlich das Konzept und das Format zustande kamen:
Was wenige Jahre zuvor noch als „Fakten, Fakten, Fakten“ propagiert wurde, ließe sich heute umformulieren in „Bilder, Bilder, Bilder“. Wer heute etwas erklären oder von etwas überzeugen will, der bedient sich einer grafischen Darstellung seiner Daten: Fakten verpackt in Bilder, die stark abstrahiert, formal gesehen auf ein Minimum reduziert, eine enorme Wirkung erzeugen. Als Mittel der Kommunikation sind sie in unserem Alltag omnipräsent geworden und prägen unsere visuelle Erfahrung. Mit dem Titel der Ausstellung verweist das MKK auf den Begriff einer Bauhaus-Schülerin: Margaret Camilla Leiteritz (1907-1976) ließ auf der Basis von naturwissenschaftlichen Grafiken ihre „Gemalten Diagramme“ entstehen. Hier zeigte sich schon sehr früh eine erstaunliche Wechselwirkung: die Auseinandersetzung in der Kunst mit Faktenlagen und die Fragestellung, die von großer gesellschaftlicher Relevanz sein sollte, wie neutral, sachlich oder manipulativ gearbeitet werden kann, denn eine Informationsgrafik muss gleichzeitig immer auch als eine Intentionsgrafik verstanden werden. In einer digitalisierten Welt mit unübersichtlichen Datenmengen eröffnet sich ein großes Konfliktfeld und das sollte immer kritisch überprüft werden.

Nüchterner Ernst oder Torten der Wahrheiten? - wenn Infografik zu Kunst wird.
Die Fachgruppe Kunst stellt in diesem Zusammenhang fest, dass die Möglichkeiten und Grenzen Neuer Medien auszuloten, mit ihnen zu experimentieren und Ergebnisse kritisch zu hinterfragen, in der zweiten Hälfte des 20. Jahrhunderts Bestandteil des künstlerischen Studiums an den Kunstakademien geworden ist. Das Staatliche Bauhaus und seine Werkstätten sind hier sicher Wegbereiter. Der Begriff der Medienkunst entstand und viele Künstlerinnen und Künstler nutzten für ihre künstlerischen Arbeiten Videos, Internet, Computer, Mobiltelefonie und PC-Spiele. Demzufolge ergaben sich für das Unterrichtsfach Kunst neue Tätigkeitsfelder: Bilder als Kommunikationsträger in der von digitalen Medien beherrschten Gegenwartskultur. Kunstlehrkräfte sind deshalb wichtige Ansprechpartner bei der Entwicklung von Medien- und Digitalisierungskonzepten. Dabei darf es nicht nur um die technischen Fragen gehen, sondern auch um die reflektierte Gestaltung und kompetente Nutzung der Kommunikationssysteme, die vorrangig über Bilder funktionieren. In Hinblick auf die Herausforderung der wachsenden Bilddominanz muss die Kunst als Schlüsselfach gesehen werden, das wichtige Impulse auch für die fächerübergreifende Zusammenarbeit bietet. Leider spiegelt sich dieser Mehrwert zwar noch nicht in der Stundentafel, aber schon im LehrplanPLUS wider. Über alle Jahrgangsstufen hinweg ist der Lernbereich Kommunikation und Interaktion von zentraler Bedeutung. Die knappe Stundenausstattung gerade in der Mittelstufe setzt allerdings den Spielräumen einer tiefergehende Auseinandersetzung mit der Kompliziertheit und Diffizilität zukünftiger Szenarien für Digital Natives einen äußerst engen Rahmen.
Zuletzt ein Hinweis: Beim Kunstlehrermangel kann noch keine Entwarnung gegeben werden. Viele Überlegungen, Meinungen, Behauptungen, Spekulationen und Untersuchungen kreisen um das Dilemma. Das Kultusministerium jedenfalls versucht vorerst mit einem Bündel von Maßnahmen den Notstand, den es auch in anderen Bundesländern gibt, zu bewältigen. Es muss in erster Linie darum gehen, die Unterrichtsversorgung zu sichern, aber auch die Arbeitsbelastung im Kollegium, welches an der Mehrarbeit unter dem Personalmangel leidet, zu mildern. Das Verfahren, das angewandt wird, wenn man feststellt, dass es sich bei einem Fach um ein „Mangelfach“ handelt, ist bereits in der Vergangenheit auch bei anderen Fächern zu beobachten gewesen. Die Verhandlungslinie unserer drei Vertreterinnen für das Gymnasium im Hauptpersonalrat, die auch im bpv aktiv sind, mit dem KM ist die Zurücknahme der einschränkenden Maßnahmen, sobald eine Besserung der Lage eintritt. Eine erneute Überprüfung der Personalsituation im Fach Kunst durch die Gymnasialabteilung - auf Initiative unserer drei Vertreterinnen im HPR so vereinbart - hatte als Ergebnis, dass die Untergrenze bei Antragsteilzeit jetzt nur noch 18 Wochenstunden statt wie bisher 21 beträgt (Siehe auch bpv, Kollegeninformation 03 vom 26.03.2019). Dennoch ist Vor(aus)sicht geboten. Man sollte nicht lange abwarten. Auf drei Ebenen ließe sich vorausblickend für mehr Kunstlehrerinnen und Kunstlehrer werben: An den Gymnasien kann schon bei den Schülern für ein Lehramtsstudium in Kunst das Interesse geweckt werden, die Kunstakademien können, wie meist in vollem Umfang geschieht, mit Wohlwollen mehr Bewerber aufnehmen und für den Lehrberuf motivieren und in den Seminaren der Einstieg in die Berufspraxis und die Annahme einer Planstelle am besten und ganz unmittelbar vorbereitet werden.
Auch eine Angleichung der UPZ für Kunstlehrkräfte an die der anderen gymnasialen Lehrkräfte könnte dem Mangel langfristig entgegenwirken, weil es ein verbessertes Ansehen der kunstpädagogischen Arbeit bringt.